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31.12.2022

Medebacher Schüler wagen einen Blick in die Zukunft

 

Medebach. Im Rahmen der Zukunftswerkstatt stellen Schüler ihre Projekte vor. Ob Hühnerhaltung oder Lärmmessung: Das sind die spannenden Ergebnisse:

„Die heutige Jugend ist von Grund auf verdorben, sie ist böse, gottlos und faul. Es wird ihr niemals gelingen, unsere Kultur zu erhalten“. So war es bereits vor über 3.000 Jahren auf einer babylonischen Tontafel zu lesen.

Der einstige Verfasser kannte demnach offensichtlich die Zukunftswerkstatt der Sekundarschule Medebach-Winterberg nicht. Seit rund anderthalb Jahren engagieren sich dort die Schülerinnen und Schüler jeden Freitag in klassenübergreifenden Kleingruppen für selbstgewählte Zukunftsprojekte rund um u.a. Umwelt, Nachhaltigkeit, Zukunft, Region oder Natur.

 

Drei Schulstunden für die Zukunft

Als die Zukunftswerkstatt nach den Sommerferien 2021 eingeführt wurde, zeigten sich einige Eltern zunächst skeptisch, dass wöchentlich dafür drei Schulstunden aufgewandt werden sollten. Vor den Weihnachtsferien hatten sie jedoch Gelegenheit, sich bei einer gemeinsam mit dem Jugendkulturverein „Ensible eV“ initiierten Messe selbst einen Eindruck von einem Teil der Projekte zu verschaffen, mit denen ihre Kinder sich Woche für Woche beschäftigen, sich selbst organisieren und dabei viel über den Unterricht hinaus lernen.

Erik, Tyler und Noel aus Deifeld und Wissinghausen haben sich z.B. eine Streuobstwiese vorgenommen und im Herbst sogar schon die ersten fünf Apfel- und Birnenbäume dafür gepflanzt.

Auf die Idee gekommen sind die drei Jungs, weil sie gehört hatten, dass für den aktuell laufenden Neubau des Deifelder Feuerwehrhauses Ausgleichsflächen in der Natur geschaffen werden müssen. Also fragten sie ihren Ortsvorsteher, ob sie diese Flächen bepflanzen dürften, und erhielten grünes Licht. Das Geld für die Bäume haben sie auf dem Deifelder Oktoberfest in Eigeninitiative gesammelt. Außerdem haben die drei Schüler bereits ein Igelhaus, ein Hochbeet und Vogelfutterstationen gebaut. Weil es mit der Ernte von ihren frisch gepflanzten Bäumchen noch etwas dauert, haben sie außerdem Äpfel im Dorf aufgesucht und davon Saft pressen lassen.

Fahrräder für ukrainische Schüler

Was macht man in der heutigen Wegwerfgesellschaft mit einem Fahrrad, das nicht mehr richtig fährt? Es steht herum oder wird entsorgt. Oder man gibt es der Fahrradprojektgruppe von Al Sudais, Lasse, Anton, Thorge, Enrico und Anastasia. Diese Schülergruppe hat sich zusammengetan, um solche Schrotträder zu reparieren bzw. aus mehreren kaputten ein funktionstüchtiges Rad zu bauen und diese dann u.a. an ukrainische Schüler zu spenden.

Lena, Mia, Zoe und Jeremias besuchen jeden Freitag einige ältere Menschen im Seniorenheim St. Mauritius und spielen mit ihnen. Aus einer Haushaltsauflösung haben Tessa und Leonie alte Bettbezüge bekommen und aus diesen neue Stofftaschen und Körnerkissen im Retro-Look der 70er Jahre genäht. Einen Bettbezug hat auch Maik weiterverwertet: Damit hat der Fünftklässler die Flügel einer selbstgebauten Windmühle aus Holz bespannt und kann mit der so produzierten Energie nun sein Handy laden. Luke, Max, Robin und Marlon haben für die NaturWerkstatt in Medelon einen Barfußpfad selbst gebaut.

Lärmbelastung an den Straßen

Bis zum Regierungspräsidenten in Arnsberg und in den Düsseldorfer Landtag haben die Aktivitäten von Nils und Florian bereits Kreise gezogen. Die beiden Achtklässler haben fast ein Jahr lang jeden Freitag über mehrere Stunden die Verkehrslärmbelastung an verschiedenen Straßen in Hallenberg und Braunshausen, darunter an der B 236, akribisch gemessen und ausgewertet. Außerdem haben sie eine Umfrage unter den Anwohnern gestartet und diese nach ihren Eindrücken und Verbesserungsvorschlägen befragt. Über die Ergebnisse haben sie mit dem Hallenberger Bürgermeister Enrico Eppner diskutiert, der die Werte wiederum in Gespräche mit Nachbarkommunen und übergeordneten Politikern genommen hat.

Zeichen gegen Massentierhaltung

Dass ein nachhaltiges Zukunftswerkstatt-Projekt nicht in wenigen Wochen fertig sein muss, sondern seine Zeit braucht, zeigen elf Schüler aus der 9. und 10. Klasse. Sie haben es sich zum Ziel gesetzt, ein Zeichen gegen die Massentierhaltung zu setzen und wollen eigene Hühner halten.

Dafür musste jedoch erst einmal ein Grundstück organisiert und eingezäunt werden, was sie in Züschen bereits erfolgreich umgesetzt haben. Als nächstes steht nun der Bau von Ställen und Brutkästen an, das Material dafür haben die Jungs ebenfalls bereits organisiert. Außerdem sind Firmen angesprochen worden, die das Projekt mit Sach- und Geldspenden unterstützen, bevor im Frühjahr hoffentlich die ersten Hühner einziehen können und fleißig Eier legen. Ein weiteres Beispiel für Nachhaltigkeit ist der neue Garten samt Gewächshaus und Hochbeeten auf dem Schulgelände sowie der auf einer Brachfläche angelegte Schulwald, für eine bunt gemischte Schülergruppe das ganze Jahr hindurch mit verschiedenen saisonalen Arbeiten im Einsatz ist.

„Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir“, hat der römische Philosoph Seneca vor rund 2.000 Jahren gesagt. Die Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule beweisen, dass die Projekte ihrer Zukunftswerkstatt der richtige Schritt dazu sind.

Artikel: Rita Maurer

Fotos: Anna Maurer

 

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